and Society (CLICCS)
Jahresgutachten 2021 der Wissenschaftsplattform KlimaschutzAuf dem Weg zur Klimaneutralität
18. Februar 2022, von Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS)
Foto: Adobe Stock/metamorworks
Der Lenkungskreis der Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) übergibt heute sein Jahresgutachten an die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger und Staatssekretär Patrick Graichen, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Prof. Anita Engels und Prof. Timo Busch vom Exzellenzcluster CLICCS sind Mitglieder in dem achtköpfigen Lenkungskreis. Das Gutachten enthält Empfehlungen für die Ausgestaltung der europäischen und deutschen Klimaschutz-Governance, die Förderung von Schlüsseltechnologien für die Klimaneutralität sowie die Resonanzfähigkeit von Klimapolitik.
EU Klimaschutz-Governance
Hinsichtlich der Ausgestaltung der EU Klimapolitik im Rahmen des EU Green Deals empfiehlt das Gutachten, die von der EU-Kommission vorgeschlagene Einführung eines Emissionshandels für die Sektoren Gebäude und Verkehr zu unterstützen und analysiert Ausgestaltungsoptionen. „Ein Emissionshandel für Verkehr und Gebäude ist ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zu einer möglichst übergreifenden Bepreisung von Treibhausgasen in Europa“, erklärt Ottmar Edenhofer, Co-Vorsitzender des Lenkungskreises der WPKS. „Wichtig ist, dass die Kommission frühzeitig die Perspektiven für eine Integration des neuen Systems mit dem bestehenden Emissionshandel für die Sektoren Energie und Industrie klärt, um Erwartungssicherheit für die Marktteilnehmer zu schaffen und unerwünschte Preisverzerrungen zu verhindern.“ Für die EU Klimapolitik enthält das Gutachten außerdem Analysen und Empfehlungen zu den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Finanzwirtschaft und internationale Klimakooperation.
Deutsche Klimaschutz-Governance
Um die deutsche Klimapolitik im Einklang mit den EU-Regelungen und dem Ziel der Klimaneutralität weiterzuentwickeln, empfiehlt das Gutachten, Klimaschutzgesetz, -programm und -plan in 2022 fortzuschreiben. „Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erfordert mehr Kohärenz in der mittel- und langfristigen Klimaschutzplanung“, sagt Sabine Schlacke, Co-Vorsitzende des Lenkungskreises der WPKS. „Die Bundesregierung sollte daher die wichtigsten Planungsinstrumente wie den Klimaschutzplan, die Klimaschutzprogramme und den nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) besser miteinander verzahnen sowie gesetzlich stärker im Klimaschutzgesetz verankern.“ Das Gutachten enthält außerdem Analysen und Empfehlungen für die langfristige Ausrichtung von Maßnahmenprogrammen durch die Nutzung von Frühindikatoren, die Anpassung der Jahresemissionsmengen des Klimaschutzgesetzes, sowie die Stärkung der gesellschaftlichen Verankerung und wissenschaftlichen Grundlage von Klimapolitik.
Schlüsseltechnologien
Das Gutachten zeigt, dass die Bundesregierung jetzt wichtige Weichen stellen muss, um den Beitrag und die rechtzeitige Wirkung von Schlüsseltechnologien zur Klimaneutralität sicherzustellen. Zusätzlich zum schnelleren Zubau von erneuerbaren Energien empfiehlt das Gutachten, eine Strategie für den Import von erneuerbaren Energien zu entwickeln. Neben dem Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wirtschaft sollte die Bundesregierung den Beitrag alternativer Wasserstoffrouten zur Klimaneutralität wissenschaftlichen fundiert klären lassen. Um den benötigten Beitrag negativer Emissionen zur Klimaneutralität sicherzustellen, sollte die Bundesregierung mit breiter Stakeholder-Beteiligung eine Negativemissions-Strategie erarbeiten und auf dieser Grundlage ein möglichst breites Portfolio an CO2-Entnahmetechnologien fördern. Der rechtzeitige Aus- und Umbau von Infrastrukturen ist Voraussetzung für den Beitrag der Schlüsseltechnologien zur Klimaneutralität. Dafür sollte stärker auf eine vorausschauende Planung, Anzeige- statt Genehmigungspflichten und die Gewährung phasenspezifischen Rechtsschutzes in gestuften Verfahren gesetzt werden.
Resonanzfähigkeit
Die nächste Phase der Transformation zur Klimaneutralität wird die Bevölkerung in vielen Bereichen unmittelbarer und intensiver betreffen als bisher. Klimaschutzpolitik sollte daher ihre Resonanzfähigkeit erhöhen – das geht insbesondere auf drei Wegen: Verteilungsgerechtigkeit muss zum Kernprinzip der Klimapolitik werden. Dazu müssen die Verteilungswirkungen verschiedener Klimaschutzmaßnahmen stärker erforscht werden. Das Gutachten empfiehlt als Grundlage dafür die Entwicklung von repräsentativen Haushalts- und Unternehmenstypen. Akzeptanzfragen stellen sich insbesondere beim Infrastrukturausbau. Daher bedarf es innovativer Beteiligungsformate, um Konflikte vermeiden oder lösen zu können, sowie praxisorientierte Partizipationsforschung, um diese Formate kontinuierlich zu verbessern. Aktive Trägerschaft ist ein zusätzlicher Schlüssel für gelingende Klimapolitik: Vorhandene Potentiale sind hier weder systematisch erforscht noch hinreichend gezielt gefördert. Das Gutachten gibt Empfehlungen, um die aktive Trägerschaft verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sowie von Kommunen und Unternehmen gezielt zu stärken.
Jahresgutachten der Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS)
Über die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS)
Die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) unterstützt die Bundesregierung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der deutschen Langfriststrategie zum Klimaschutz mit wissenschaftlicher Expertise. Aus-gewählte natur-, sozial-, rechts-, wirtschafts- und ingenieurwissenschaftliche Forschungseinrichtungen wir-ken interdisziplinär zusammen und treten in einen regelmäßigen Austausch mit Wissenschaft, Zivilgesell-schaft und Politik, um zum Erreichen der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele beizutragen. Ein unabhängiger, interdisziplinär besetzter Lenkungskreis mit acht angesehenen Expertinnen und Experten steuert die Plattform.