Wladimir Köppen Preis
Der Wladimir Köppen Preis ist mit insgesamt 5.000 Euro dotiert und wird vom Exzellenzcluster „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS) der Universität Hamburg ausgelobt. Er würdigt herausragende Dissertationen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern.
Preisträger 2023: Dr. Lennart Ramme
Für seine herausragende Doktorarbeit erhält der Geophysiker Dr. Lennart Ramme den Wladimir Köppen Preis 2023 des Exzellenzclusters CLICCS. Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Meteorologie „eröffnet damit die Erforschung der extremen Dynamik des Klimasystems der Erde, welche bis vor kurzem nicht für möglich gehalten wurde“, wie die Jury des Wettbewerbs anmerkt.
Von Schnee und Eis zum Supertreibhausklima
Vor über 635 Millionen Jahren, im späten Neoproterozoikum, war die gesamte Erde von Eis bedeckt. Man spricht dabei auch von einer „Snowball Earth“. Durch vulkanische Aktivität sammelte sich jedoch über Jahrmillionen CO2 in der Atmosphäre. Das Klima erwärmte sich langsam, bis der Eispanzer zu schmelzen begann und ein positiver Rückkopplungseffekt einsetzte: Durch den Verlust des Eises wurde die Oberfläche der Erde dunkler, nahm dadurch mehr Strahlungsenergie auf und erwärmte sich noch stärker. So kam es innerhalb weniger tausend Jahre zu einer enormen klimatischen Veränderung von der Schneeball-Erde zum Supertreibhausklima.
Den Zustand nach der Schneeball-Erde untersuchte Lennart Ramme für seine Promotion. Sein Fokus lag dabei auf dem Austausch von Kohlendioxid zwischen Ozean und Atmosphäre. Für seine Arbeit verwendete er ein aufwendiges 3D-Rechenmodell und bezog weitere Faktoren wie den pH-Wert des Ozeans mit ein, die damals den Kohlenstoffhaushalt beeinflussten. So konnte er zeigen, dass die Bedingungen möglicherweise anders waren als bislang angenommen.
Blick in die Vergangenheit
Nachdem das Eis geschmolzen war, bildete das leichtere Schmelzwasser zunächst eine Schicht über dem Salzwasser des Meeres. Die Schichtung behinderte den Austausch zwischen Oberflächenwasser und dem tiefen Ozean. Ramme fand heraus, dass die Schichtung sich deutlich schneller auflöste als vorherige Berechnungen ergeben hatten – was wiederum den Kohlenstoffhaushalt des Ozeans und die Bildung charakteristischer Karbonatgesteine beeinflusste.
Eine schnellere Bildung von diesen Karbonatgesteinen wiederum kann dazu beigetragen haben, dass das Meerwasser weniger CO2 aufnehmen konnte: So geht Ramme davon aus, dass der zunächst noch vollständig vereiste Ozean möglicherweise einen alkalischen pH-Wert hatte. In der verhältnismäßig kurzen Zeit, als die Ozeanschichtung von Süß- und Salzwasser noch intakt war, bildeten sich, angetrieben durch die schnelle Erwärmung und eine wiederkehrende biologische Aktivität, die ersten Schichten des Karbonatgesteins. Dies entzog dem Wasser zwar Kohlenstoff, aber gleichzeitig auch andere chemische Elemente, so dass der pH-Wert letztendlich sank und der Ozean möglicherweise sogar wieder CO2 an die Atmosphäre abgegeben hat.
Letztendlich spielten auch erste Lebewesen eine große Rolle im ozeanischen Kohlenstoffhaushalt: Als das Klima sich nach der Schneeball-Erde erwärmte und Nährstoffe vom Land in den Ozean gespült wurden, konnten Algen und andere kleine Lebewesen wieder gedeihen und Kohlenstoff aufnehmen. Starben diese, sanken sie auf den Grund des Meeres und brachten ihn so als „biologische Kohlenstoffpumpe“ in den tiefen Ozean.
Rammes Arbeit führt all diese Faktoren zusammen und bietet Hinweise darauf, wie erste Organismen diesen Übergang von der Schneeball-Erde zum Supertreibhausklima überleben konnten. Denn er kommt zu dem Schluss, dass die Temperaturen nach der Schneeball-Erde längst nicht so hoch waren, wie bisherige Berechnungen vermuten ließen. Vielmehr hält Ramme eine globale mittlere Temperatur von nur 30 Grad Celsius für plausibel. Anders als in den heißen Klimazonen um den Äquator könnten an den Polen gemäßigte Temperaturen geherrscht und ein Überleben von sonst extremen Bedingungen ermöglicht haben.