and Society (CLICCS)
Wie Nachrichtenmagazine unsere Zukunft mit dem Klimawandel deutenZwischen Weltuntergang und nachhaltigen Lösungen
25. März 2022, von Franziska Neigenfind

Foto: Nachweis unter dem Artikel
Viele Menschen erhalten ihre Informationen zum Klimawandel in erster Linie aus den journalistischen Medien. Wie unsere Zukunft aussehen könnte, stellt sich dort ganz unterschiedlich dar. Dabei entstehen wirkungsvolle Visionen, die auch das Potenzial haben, Menschen zu klimafreundlichem Handeln zu motivieren. Ein Team um Prof. Michael Brüggemann und Dr. Lars Guenther untersucht, wie solche Klimazukunftsbilder konstruiert sind.
Wie entstehen Visionen der Klimazukunft in den Medien?
Michael Brüggemann: Journalistinnen und Journalisten übersetzen Klimawissenschaft nicht einfach nur für die Öffentlichkeit, sondern sie wählen auch bestimmte Vorstellungen über die Zukunft aus. Dabei betten sie Informationen in unterschiedliche Deutungsrahmen ein – wir sprechen von Frames. Das hat aber nichts mit Manipulation zu tun, sondern damit, dass menschliche Kommunikation immer auch in einem bestimmten Kontext stattfindet.
Können Sie da Beispiele nennen?
Lars Guenther: Die Bedeutungsmuster beziehen sich sowohl auf positive als auch auf negative Klimazukünfte. Nachhaltigkeit oder Chancen stehen für positive Visionen, katastrophale Folgen der globalen Erwärmung stellen negative Vorstellungen dar. Wir haben vier internationale Nachrichtenmagazine untersucht: Für India Today, den Spiegel, den Economist und das Time Magazine haben wir alle Ausgaben mit einem Hinweis auf den Klimawandel auf der Titelseite herausgesucht – von den 1980er Jahren bis 2019. Spannend ist, wie Texte und Bilder dabei zusammenwirken.
Wie sieht unsere Zukunft demnach aus?
Michael Brüggemann: Insbesondere einige der frühen Titelgeschichten der 1980er und 90er Jahre schildern eine Zukunft, die man auch als Weltuntergang beschreiben könnte – veranschaulicht durch extreme Szenarien für die Erde. Sie verwenden alarmierende und apokalyptische Begriffe und Bildmotive. Der zweite Frame der „lokalen Tragödien“ sieht ähnlich aus, ist aber stärker regional verortet und wird dadurch greifbarer. Er bezieht sich darauf, wie sich der Klimawandel in bestimmten Regionen auswirkt. Auf den Titelseiten und in Artikeln erscheinen etwa Sturmschäden, tote Fische, ausgebleichte Korallen oder Menschen, die Brände im Amazonasgebiet oder in Kalifornien bekämpfen.
Und die optimistische Perspektive?
Lars Guenther: Das dritte Muster orientiert sich stärker an nachhaltigen Lösungen: Diese Artikel behandeln einen Temperaturanstieg von 1,5 oder 2 Grad Celsius häufig als Fakt. Sie befassen sich mit Möglichkeiten, den Anstieg im jeweiligen Rahmen zu halten. Viele Titelbilder haben hier einen globalen Bezug mit Personen wie Greta Thunberg oder sie beziehen sich auf lokale Themen, verwenden aber symbolische Bilder: zum Beispiel einen Baum in einer Glühbirne, der für grüne innovative Ideen steht.
Was bewirken solche Darstellungen?
Michael Brüggemann: Die Frames sind insgesamt vielfältiger geworden und ergänzen sich. Das ist gut, um die Menschen zu klimafreundlichem Handeln anzuregen. Sie machen deutlich, welche gravierenden Probleme der Klimawandel hervorbringt, zeigen aber auch Handlungsmöglichkeiten auf. Bilder von Lösungen und Maßnahmen ermutigen die Menschen. Es hat sich auch gezeigt, dass Darstellungen lokaler Folgen besonders effektiv sein könnten, um das Problembewusstsein und die Unterstützung für politische Maßnahmen zu erhöhen. Seit den 2000er Jahren sehen wir eine Verschiebung hin zu Schilderungen einer nachhaltigeren Zukunft.
Bildnachweis Collage: UHH/CLICCS/Franziska Neigenfind: Anders Hellberg (CC-BY-SA-4.0); PIRO4D/Pixabay; Sebastien Marty/Pixabay; Bianca Van Dijk/Pixaby; lanur/Pixabay; John Middelkoop/Unsplash
CLICCS Quarterly
Der Artikel wurde im CLICCS Quarterly veröffentlicht, dem Newsmagazin des Exellenzclusters. Die komplette Ausgabe finden Sie -> hier.
Fachartikel: Lars Guenther, Michael Brüggemann & Shorouk Elkobros: From Global Doom to Sustainable Solutions: International News Magazines’ Multimodal Framing of our Future with Climate Change