and Society (CLICCS)
Öffentliches Web-ToolWie sich Menschen am besten für Klimaschutz motivieren lassen
23. Februar 2024, von Franziska Neigenfind
Foto: Unsplash/Tyler Nix
Positive Beispiele zeigen, Angst schüren, mit wissenschaftlichen Fakten argumentieren oder Selbstwirksamkeit vermitteln – was hilft am besten, um Menschen für mehr Klimaschutz zu gewinnen? Um den passenden Ton zu treffen, hat ein internationales Team aus knapp 250 Forschenden Daten gesammelt und daraus ein Online-Tool entwickelt, mit dem Menschen herausfinden können, welche Strategie am vielversprechendsten ist. Mit der „Climate Intervention Webapp“ kann nun getestet werden, welche Botschaften bei welchen Zielgruppen ankommen. Prof. Moritz Drupp und Dr. Piero Basaglia vom Exzellenzcluster „Klima, Klimawandel und Gesellschaft (CLICCS)“ waren an der Studie beteiligt.
Darin wurden rund 60.000 Teilnehmende aus 63 Ländern befragt. In einem Experiment wurden sie mit unterschiedlichen Informationen und Kommunikationsstrategien konfrontiert. So sollten sie beispielsweise einen Brief an ein heute fünfjähriges Kind schreiben, das den Brief 25 Jahre später liest und darin berichten, was sie derzeit für eine lebenswerte Zukunft des Kindes tun. In einer anderen Botschaft wurden Beispiele für erfolgreiche Klimaaktionen aus der Vergangenheit beschrieben. Getestet wurde auch, wie sich Ängste auswirken: So wies eine der Botschaften auf die Schrecken des Klimawandels und einen möglichen Untergang der Menschheit hin. Eine weitere Kommunikationsvariante zielte darauf ab, dass auch die eigene Region, in der die Menschen leben, vom Klimawandel betroffen ist – etwa durch Extremereignisse wie Hitzewellen oder Flutkatastrophen.
Maßgeschneiderte Botschaften
Insbesondere Nationalität, sozialer Status und Grundeinstellung einer Person bestimmen, ob Klimabotschaften bei ihr den gewünschten Effekt erzielen. Hier variierten die Antworten zwar erheblich, jedoch erkannten insgesamt 86 Prozent die Gefahren des Klimawandels an. Mehr als 70 Prozent befürworteten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Über alle Teilnehmenden aus allen Ländern hinweg zeigte sich die persönliche Betroffenheit als besonders effektiv, um den Glauben an den Klimawandel zu erhöhen. Einen Brief an die zukünftige Generation zu schreiben, gab hingegen der Zustimmung zu klimafreundlicher Politik den stärksten Auftrieb. Die Ergebnisse zeigen auch, dass eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit von der bereits vorhandenen Überzeugung der Menschen abhängt. „Aktivist:innen sollten also ihre Bemühungen vor allem auf die Merkmale ihrer jeweiligen Zielgruppe abstimmen", so Studienleiterin Madalina Vlasceanu von der New York University.
Dennoch gibt es deutliche Einschränkungen: Zwar veränderten sich die Einstellungen, nicht aber das tatsächliche Verhalten. Dies kann erst über einen längeren Zeitraum gelingen. Hilfreich sind dabei effektive Gesetze, aber auch gutes Zureden – findet CLICCS Forscher Prof. Dr. Moritz Drupp, Experte für Nachhaltigkeitsökonomik an der Universität Hamburg. „Für effektiven Klimaschutz ist es wichtig, die Bevölkerung gezielt zu informieren und zu motivieren, weil dies die Einstellung zu klimafreundlicher Politik beeinflusst“, so Drupp in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir können es aber nicht dabei belassen und auf freiwillige Eigeninitiativen hoffen. Damit werden wir das Klimaproblem nicht lösen. Effektiver Klimaschutz braucht vielmehr politische Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene.“
Publikation
Vlasceanu, Madalina et al. (2024): Addressing climate change with behavioral science: A global intervention tournament in 63 countries; Sci. Adv. 10, DOI:10.1126/sciadv.adj5778
„Climate Intervention Webapp“: https://climate-interventions.shinyapps.io/climate-interventions/