and Society (CLICCS)
Zur BundestagswahlDa war doch was: CLICCS-Forschende stellen Klima-Mythen richtig
17. Februar 2025

Foto: UHH
Migration, Schuldenbremse, Außenpolitik: Im Wahlkampf gehen die Debatten hoch her – nur über das Klima spricht fast keiner. Ob Duell oder Quadrell, die Menschheitsherausforderung Klimawandel war nicht einer einzigen Frage würdig. Und wenn das Thema doch einmal am Rande zur Sprache kommt, wird oft verharmlost, verdreht und falsch informiert.
Wir haben dies vor ein paar Wochen zum Anlass genommen, eine kleine Social-Media-Kampagne zu starten. Unter dem Hashtag #dawardochwas räumen unsere Forschenden vom Exzellenzcluster CLICCS mit den gängigsten Allgemeinplätzen, Halbwahrheiten und Lügen auf.
Alle Aussagen aus unserer kleinen Serie zur Bundestagswahl haben wir nun hier gesammelt:
Ich lasse mir mein Schnitzel nicht wegnehmen!
„Niemand möchte das. Jede Person entscheidet selbst. Weniger Fleisch zu essen hat positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Wenn wir mehr pflanzliche Lebensmittel essen, können wir sowohl unsere Gesundheit fördern als auch die Treibhausgas-Emissionen aus der Tierhaltung verringern.“
Dr. Kerstin Jantke
Umweltwissenschaften
Die hässlichen Windräder reißen wir einfach ab!
„Windkraftanlagen trugen 2024 fast ein Drittel zu unserem Strommix bei. Sie verringern unseren CO2-Ausstoß, schaffen Arbeitsplätze und machen uns unabhängig von Energieimporten aus dem Ausland. Daher sollten wir verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. Und mal ehrlich: schöner als die rauchenden Türme der Kohlekraftwerke sind sie allemal, oder?“
Dr. Nils Christiansen
Geophysik
Wir erzeugen unsere Energie doch eh bald mit Kernfusion!
„Kernfusion steckt seit Jahrzehnten in der Experimentierphase und ist weit davon entfernt, nutzbar zu sein – falls überhaupt möglich. Bis dahin müssen wir an bestehenden Lösungen, wie erneuerbaren Energien, arbeiten und gerechte Wege in eine klimaneutrale Zukunft schaffen. Unbegründetes Hoffen auf Kernfusion darf uns nicht davon abhalten, jetzt sinnvoll zu handeln.“
Dr. Jan Wilkens
KIimapolitik
Der freie Markt regelt das Klimaproblem schon.
„Märkte sind gut darin, Wünsche von Menschen zu erfüllen – aber nur die egoistischen. Wünsche, die das gemeinsame Wohlergehen betreffen, von sozialer Sicherheit, Chancengleichheit bis zu Klimaschutz, können unregulierte Märkte nicht angemessen bereitstellen. Dafür braucht es politische Rahmenbedingungen, etwa Vorschriften und finanzielle Anreize.“
Prof. Grischa Perino
Klima-Ökonomie
Klimaschutz bedeutet nur Verzicht!
„Klimaschutz nutzt vielen Menschen ganz unmittelbar. Klimafreundliche Technologie wird staatlich gefördert, der öffentliche Verkehr wird ausgebaut. Gesunde Ernährung verbessert die Lebensqualität. Durch Investitionen in Klimaschutz werden mittel- und langfristig viel größere Folgekosten vermieden.“
Prof. Anita Engels
Wirtschafs- und Sozialwissenschaften
Wir müssen uns einfach nur an den Klimawandel anpassen!
„Anpassung ist alles andere als einfach und bei ungebremster Erderhitzung unmöglich. Mit Anpassung kaufen wir uns Zeit, sie ersetzt aber keinesfalls die dringend notwendige Reduzierung von Emissionen. Beides ist notwendig. Politische Strategien allein reichen nicht, man muss auch tun. Jeder muss seinen Beitrag leisten.“
Prof. Beate Ratter
Integrative Geographie
Atomkraft löst unsere Energieprobleme!
„Die Kosten für Bau und Betrieb sind extrem hoch, was den Strom erheblich verteuert. Zudem gibt es keine potenzielle Endlagerstätte für den Atommüll, wo er über Millionen Jahre sicher aufgehoben wäre. Mit den erneuerbaren Energien gibt es günstige und sichere Alternativen.“
Prof. Christian Hübscher
Geophysik
Es wird schon jemand etwas erfinden!
„Die Erfindungen zur CO2-Reduktion gibt es schon: Solarmodule, E-Autos, Wärmepumpen. Um sie voranzubringen, sind klare Rahmenbedingungen und politische Unterstützung nötig. Technologie allein wird uns aber nicht retten. Es geht nicht ohne den schnellen Ausstieg aus fossiler Energie und stärkere Verpflichtungen für die Verantwortlichen des Klimawandels.“
Dr. Jan Wilkens
Klimapolitik
Neben dem Emissionshandel braucht es keine weitere Klimapolitik.
„Der Emissionshandel (ETS) reduziert die Gesamtmenge ausgestoßener Treibhausgase durch eine begrenzte Zahl an Emissionsrechten. Zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen wirken nur, wenn sie dazu führen, dass weniger Rechte bereitgestellt werden. Dies hängt von der Ausgestaltung des ETS ab und davon, ob Regierungen eigenständig Rechte löschen.“
Prof. Grischa Perino
Klima-Ökonomie
Klimaschutz muss man sich leisten können!
„Keinen Klimaschutz können wir uns nicht leisten. Der Ausstoß einer Tonne CO2 verursacht Schäden in Höhe von etwa 300 Euro an Umwelt, Mensch und Wirtschaft. Das zahlt derzeit die Gemeinschaft, nicht die Verursachenden. Klimaschutz spart also langfristig Geld. Wichtig sind effiziente Maßnahmen und sozialer Ausgleich, damit niemand übermäßig belastet wird.“
Prof. Moritz Drupp
Klima-Ökonomie
Das wird doch sowieso nichts mehr mit dem 1,5-Grad-Ziel!
„Die Temperaturen im Jahr 2024 lagen jeden Monat jenseits des 1,5-Grad-Ziels. Das fordert nur umso nachdrücklicher auf, die Erderwärmung zu begrenzen. Selbst wenn sie im langjährigen Mittel nicht auf 1,5 Grad begrenzt werden kann, muss das Ziel bleiben, so wenig wie möglich darüber hinaus zu gehen. Je höher die Erderwärmung, desto stärker die Folgen.“
Prof. Johanna Baehr
Klimamodellierung
Der Emissionshandel belastet Haushalte und die Industrie.
„Der Emissionshandel kann dafür sorgen, dass sich Klimaschutz lohnt – für Firmen und für Haushalte. Er hat bereits wesentlich zum Klimaschutz und zur Reduktion von anderen Schadstoffen beigetragen. Wichtig ist, dass der Staat mit den Mehreinnahmen soziale Härten abfedert und klimafreundliche Alternativen für alle erschwinglich macht.“
Prof. Grischa Perino
Klima-Ökonomie
Zu viel Klimaschutz schadet der Industrie!
„Ein international verlässlicher Rahmen für klimaschonendes Wirtschaften fördert die Industrie, sichert Arbeitsplätze und schafft neue Märkte in zukunftsfähigen Branchen. Forschung zeigt, dass Investitionen in Klimaschutz Belegschaft und Kunden stärker binden, Kosten senken und Firmen krisenfester machen.“
Prof. Anita Engels
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Klimaschutz kostet uns unseren Wohlstand!
„Klimaschutz kostet Geld, doch die langfristigen Kosten durch Naturkatastrophen und Gesundheitsprobleme sind unbezahlbar hoch. Wohlstand ist mehr als Geld: Er bedeutet Gesundheit für Mensch und Natur, Lebensqualität und Gerechtigkeit. Ein sozial gerechter Wandel zu nachhaltiger Wirtschaft ist nötig, um Wohlstand zu sichern und Belastungen zu minimieren.“
Dr. Jan Wilkens
Klimapolitik
Windräder töten Vögel und zerstören die Natur!
„Die Beeinflussung von Tier und Natur durch Windräder ist um ein Vielfaches kleiner als die durch Gebäude, Landwirtschaft oder Verkehr. Entscheidend ist, den Ausbau von Windparks umweltverträglich zu gestalten und den Naturschutz in Planungsverfahren einzubeziehen. So kann Artenvielfalt geschützt oder auch gefördert werden.“
Dr. Nils Christiansen
Geophysik
Klimaschutz bringt mir doch nichts!
„Es stimmt zwar, dass Klimaschäden vermehrt in der Zukunft auftreten, dennoch profitieren wir schon heute vom Klimaschutz – und das nicht nur durch abgebremsten Klimawandel. Denn: Weniger CO2-Ausstoß bedeutet in der Regel auch weniger Luftverschmutzung. Dieser positive Nebeneffekt kommt den Menschen zusätzlich hier und heute direkt zugute.“
Prof. Moritz Drupp
Klima-Ökonomie
Warum sollte mich die Arktis interesssieren?
„Die Arktis ist mehr als nur Lebensraum für den Eisbär, ihr Zustand wirkt sich auf uns alle aus. Die Erderwärmung läuft dort stärker und schneller ab als anderswo. Schmilzt das arktische Land-Eis, steigt der Meeresspiegel und bedroht Küstenstädte. Tauender Permafrost setzt noch mehr Treibhausgase frei.“
Prof. Dirk Notz
Polarforscher
Wer soll das alles bezahlen?
„Klimaschutz sollte vorwiegend von den Verursachenden des Klimawandels bezahlt werden und von denen, die es sich leisten können. Die Kosten müssen auf uns alle gerecht verteilt und sozial gut ausbalanciert werden. Ein Großteil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollte etwa via Klimageld an die Haushalte zurückfließen, vor allem an stärker belastete.“
Prof. Moritz Drupp
Klima-Ökonomie