and Society (CLICCS)
Nicht alles grün, was glänzt
7. Dezember 2021, von Stephanie Janssen

Foto: Orlandow/Pixabay
Investitionen sollen in Zukunft nachhaltiger sein. Franziska Müller ist Juniorprofessorin für Globalisierung und globale Klimapolitik. Sie forscht zu Energiewende und untersucht Finanzinstrumente, die den Klimawandel abbremsen sollen.
Frau Müller, Sie sagen, auch bei grünen Finanzinstrumenten liegt einiges im Argen?
Grüne Fonds werden an Einfluss gewinnen und damit auch maßgeblich bestimmen, wie Klimaschutz in Zukunft gestaltet wird. Als Politikwissenschaftlerin untersuche ich, welche Machtstrukturen dahinterstehen und wie die Governance gestaltet wird. Wer entscheidet, was grün genug ist? Wie sind diese Kriterien legitimiert? Und wer setzt die Regeln durch? Da gibt es oft ein Missverhältnis.
Die Weltklimakonferenz der UN hat den Green Climate Fund aufgelegt. Wie sieht es hier aus?
Das ist der größte Klimafonds weltweit. Er soll das Ziel unterstützen, jährlich 100 Mrd. US-Dollar öffentliche und private Gelder, für die Klimafinanzierung zu nutzen. Mit dem Geld sind rund 220 Klimaschutzprojekte im Globalen Süden geplant. In den Fond wurden bis 2021 nur 7,4 Milliarden eingezahlt. Das Geld müsste viel schneller wirksam werden.
Sind die Entscheidungsprozesse fair?
Länder im Globalen Süden haben es grundsätzlich schwerer, ihre Projekte gefördert zu bekommen. Das fängt mit Formalitäten an. Oft fehlen strategische Kapazitäten wie man einen Antrag stellt, der den Globalen Norden „zufriedenstellt“. Gleichzeitig finden Klimaveränderungen dort schon massiv statt. Die stark betroffenen Länder sollten selbst entscheiden können, welche Projekte gefördert werden und die Kontrolle darüber bekommen.
Mit Mikroversicherungen können Bäuerinnen und Landwirte Ernterisiken versichern. Ist das sinnvoll?
Bisher haben rund 100 Millionen Menschen so einen Vertrag abgeschlossen. Doch damit solche Versicherungen greifen, darf das Risiko für Ernteausfälle nicht öfter als alle 15 Jahre eintreten. Hurrikane oder Dürren können aber viel häufiger auftreten, viele Risiken sind also nicht versicherbar. Außerdem wird das Risiko individualisiert. In vielen Gemeinschaften hilft man sich nach Katastrophen gegenseitig. In Zukunft könnte dieses Gemeinschaftsgefühl erodieren, wenn zum Beispiel eine Person Versicherung A hat, die nächste Versicherung B und die dritte gar keine.
Und welches Finanzinstrument funktioniert?
Ich bin ein Fan von Energieauktionen! Dabei schreibt ein Land öffentlich aus, dass es in Zukunft soundsoviel Gigawatt Erneuerbare Energien produzieren will und Firmen aus aller Welt bewerben sich darauf. Im besten Fall kommen so gleichzeitig Technikwissen, Arbeitsplätze und Geld ins Land. Das konnte ich in Südafrika untersuchen, wo heute mehr als hundert solcher Energieprojekte fünf Gigawatt Strom erzeugen. Damit die ausländischen Firmen nicht nur ihr eigenes Personal einstellen, sollte vorher festgelegt werden welche lokalen Kräfte in den Anlagen arbeiten und welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt. Insgesamt verbinden Rund 40 Prozent dieser Projekte Klimaschutz mitlokaler Teilhabe. Wer die Energiewende noch vor sich hat, kann hier vom Süden lernen.
CLICCS Quarterly
Der Artikel wurde im CLICCS Quarterly veröffentlicht, dem Newsmagazin des Exellenzclusters. Die komplette Ausgabe finden Sie -> hier.