and Society (CLICCS)
Klimaziele: Schaffen Unternehmen die Wende?
18. Oktober 2022, von Ute Kreis

Foto: Pixabay/ Bellergy
Professorin Anita Engels erforscht mit ihrem Team die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Zwanzig nationale und internationale Unternehmen haben eingewilligt, mit den Forscher:innen in den Dialog zu gehen.

Bild:UHH/S.Engels
Frau Engels, warum sind Unternehmen für den Klimaschutz so wichtig?
Betriebe und insbesondere große Konzerne sind Schlüsselakteure: Die Art, wie Güter produziert und Dienstleistungen bereitgestellt werden – energieintensiv auf Basis von Öl, Gas und Kohle oder mittels der Erneuerbaren – ist zunächst eine Entscheidung des jeweiligen Unternehmens.
Da kommt einiges in Bewegung. Selbst die Flugzeugindustrie sucht nach alternativen Antrieben.
Dennoch gibt es Unterschiede. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind zwar in aller Munde, aber oft eher an der Oberfläche. Das heißt, es werden Wege gesucht, Strom und Rohstoffe zu sparen, sonst ändert sich aber kaum etwas. Wir wollen wissen, inwiefern Betriebe und Unternehmen tatsächlich ihre Grundausrichtung verändern, also etwa ihre Produktpalette oder bestimmte Leistungen nicht mehr anbieten, weil diese im Kern CO2-intensiv sind, wie zum Beispiel in der Ölförderung oder in manchen Sparten der Logistikbranche. Solche Unternehmensentscheidungen sind langlebig und haben das Zeug dazu, die Menge an Treibhausgasen nachhaltig zu verändern.
Am Ende geht es aber doch darum, Geld zu verdienen?
Das ist richtig. Gleichzeitig ist Geld einer der wirksamsten Hebel für Veränderung. Wenn Investorinnen und Investoren ihr Kapital aus dem fossilen Sektor abziehen, weil dieser als nicht mehr zukunftsfähig gilt, dann prägt das ganze Branchen. Nicht ganz überraschend haben wir festgestellt, dass vor allem dann etwas in Bewegung kommt, wenn kein Geld mehr fließt oder politische Regulierungen drohen.
Lassen sich die Unternehmen denn da in die Karten gucken?
Entscheidend ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Unsere Gesprächspartnerinnen und -partner sind oft für Nachhaltigkeit und die Klimaziele im Unternehmen zuständig. Für sie ist ein enger Kontakt zur Wissenschaft nützlich, wir lernen quasi auch voneinander. Auch welche Beispiele wir aus Ländern wie Japan, den USA oder Brasilien mitbringen, ist für sie interessant. Details bleiben dabei natürlich anonymisiert.
Welche Veränderungen stellen Sie fest?
In einigen Branchen lässt sich eine Verschiebung von Geschäftsfeldern beobachten, zum Beispiel in der Konsumgüterherstellung. Das ist ermutigend. Inwiefern sich diese global und dauerhaft in Richtung Dekarbonisierung bewegen, muss sich aber erst noch zeigen. Unser Projekt ist auf mehrere Jahre angelegt, mit regelmäßigen Treffen und Workshops. Besonders interessant ist übrigens, wie sich solche Trends entlang von Lieferketten ausbreiten, über die Unternehmen miteinander in Verbindung stehen.
Prof. Anita Engels ist Sozialwissenschaftlerin und beschäftigt sich unter anderem mit Klimaschutzstrategien global operierender Unternehmen. Seit Juni 2022 ist sie Sprecherin des Exzellenzclusters Climate, Climatic Change and Society (CLICCS).
CLICCS Quarterly
Der Artikel wurde im CLICCS Quarterly veröffentlicht, dem Newsmagazin des Exellenzclusters. Die komplette Ausgabe finden Sie -> hier.