and Society (CLICCS)
Repräsentative Studie über die Wahrnehmung des KlimawandelsMehr Deutsche betrachten Klimawandel als Bedrohung
12. Oktober 2023, von Niklas Keller
Foto: Pixabay/SamuelFrancisJohnson
Extremwetterereignisse wie Dürren und Waldbrände nehmen zu. Und auch Stürme könnten stärker werden. Was macht das mit den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland? Schätzen sie den Klimawandel als bedrohlich ein? Und vermuten sie, dass sie persönlich von den Folgen betroffen sein werden? Prof. Beate Ratter und Annika Runge vom Exzellenzcluster CLICCS haben eine repräsentative Studie durchgeführt. Sie zeigt: 77 Prozent nehmen die Bedrohung durch den Klimawandel als „groß“ oder „sehr groß“ wahr. Das sind 14 Prozent mehr als 2014, als die Umfrage zuletzt durchgeführt wurde.
Betrachtet man nur die Gruppe, die den Klimawandel als „sehr große“ Bedrohung ansieht, dann ist der Zuwachs noch größer. Waren es 2014 noch 17 Prozent, gaben dies 2022 35 Prozent an. Am wenigsten Veränderung stellten die Autorinnen bei den Befragten fest, die keine Bedrohung durch den Klimawandel befürchten. Hier sank der Wert von sechs auf fünf Prozent im Jahr 2022.
Viele Bürgerinnen und Bürger verorten die Folgen des Klimawandels also nicht mehr in weit entfernter Zukunft. Insgesamt 94 Prozent sagten, dass sie bereits heute die Folgen des Klimawandels spüren oder innerhalb der nächsten zehn Jahre mit Folgen rechnen. 80 Prozent dieser Gruppe nehmen die Folgen schon heute wahr. 2014 hingegen waren es noch 56 Prozent. „Die zahlreichen Medienberichte auch über entfernte Klimakatastrophen, wie die Waldbrände in Kalifornien oder Überschwemmungen in Australien, dürften hier ihre Wirkung zeigen“, sagt Annika Runge.
Vorsorgen mit Warn- und Wetter-Apps
Sorgt ein unsicheres Gefühl auch für entsprechende Handlungen? 63 Prozent der Befragten gaben an, bereits Warn- und Wetter-Apps installiert zu haben oder es zu planen. Auch Versicherungen gegen mögliche Schäden sind für einen großen Teil eine Option. Insgesamt 58 Prozent haben schon eine Versicherung abgeschlossen oder planen dies zu tun. Mehr als die Hälfte der Befragten sagte zudem, dass sie Vorräte für den Notfall anlegen (55 Prozent) oder eine Nachbarschaftshilfe organisieren wollen (54 Prozent). Einige von ihnen haben das bereits erledigt. Dabei sind die angegebenen Präferenzen altersabhängig. Eine Warn- oder Wetter-App zu installieren, rangiert vor allem bei der jüngsten Altersgruppe (14-29-jährige) mit 75 Prozent ganz oben, während die Organisation einer Nachbarschaftshilfe mit 61 Prozent bei den über 60-jährigen an erster Stelle stand.
Die Bürgerinnen und Bürger wurden im Rahmen der Studie auch danach gefragt, welche Naturkatastrophe ihrer Meinung nach die schwersten Folgen für ihre Region hätte. Besonders häufig genannt wurden Dürren, danach folgten Hitzewellen und Starkregen. Dabei sind die regionalen Unterschiede für die Antwort entscheidend. Während Waldbrände in Sachsen und Brandenburg als Gefahr mit den schwersten Folgen eingeschätzt werden, sind es in Nordrhein-Westfalen eher Überschwemmungen und Sturmfluten an der Küste. „Im Jahr 2014 gaben die Befragten insbesondere Stürme, Überschwemmungen und Starkregen an, das zeigt wie wichtig die direkten Erfahrungen mit Wetterereignissen sind und wie wechselhaft oder kurzfristig die Einschätzung ist“, so Prof. Beate Ratter.
Höhere Erwartungen, persönlich vom Klimawandel betroffen zu sein
Mit zunehmenden Extremwetterereignissen wächst auch das Risiko, selbst von den Schäden betroffen zu sein. Hielten dies 2014 69 Prozent für möglich, waren es 2022 mit 81 Prozent deutlich mehr. Nur noch acht Prozent der Menschen verneinten ein persönliches Risiko (vorher 28 Prozent).
Die Studie bestätigt, dass der Umgang mit dem Klimawandel und seinen Wirkungen regional ausgeprägt ist. Kürzlich selbst erlebte Ereignisse spielen eine wichtige Rolle bei der Einschätzung des Risikos. „Für die Risikokommunikation und die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen muss berücksichtigt werden, dass Maßnahmen eher unterstützt werden, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Notwendigkeit verstehen. Persönliche Vorsorge findet nur statt, wenn die Bedrohung auch als persönliche Bedrohung wahrgenommen wird“, so Ratter.
Die repräsentative Umfrage wurde im September und Oktober 2022 mit Unterstützung des Exzellenzclusters „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS) umgesetzt – zum dritten Mal nach 2011 und 2014. Die Umfrage fand telefonisch statt und wurde vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt. Insgesamt nahmen 3000 Personen teil. Die Studie zeigt, wie die Gesellschaft die Herausforderungen des Klimawandels in Deutschland einschätzt. Daraus lässt sich ableiten, welche zukünftigen Entwicklungen plausibel sind – eines der zentralen Ziele des Exzellenzclusters CLICCS.
Ergebnisse der Studie als Download
Ratter B, Runge A (2022): Klimawandelwahrnehmung und Extremereignisse in Deutschland, 2022. (PDF)