and Society (CLICCS)
Klimawandel und AnpassungSchnappschuss Seychellen
23. April 2025, von Stephanie Janssen

Foto: Beate Ratter
Im März 2025 schickte uns Beate Ratter Bilder und Eindrücke von ihrer Forschungsreise auf die Seychellen, die wir hier präsentieren. Die Professorin für integrative Geographie ist Expertin für Klimawandel und Anpassungsmaßnahmen auf kleinen Inseln.
Ratter ist Inhaberin des UNESCO-Lehrstuhls für „Societal Climate Research and Resilience“. Sie arbeitet am Exzellenzcluster CLICCS an der Universität Hamburg sowie am Helmholtz-Zentrum Hereon. Wie sie den Übergang vom Wissen zum Handeln schaffen will, erfahren Sie hier.
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Foto: Beate Ratter
Kommt das Meer am Strand von Beau Vallon auf Mahé hier wirklich immer näher? Oder sind es die Hotels, die sich immer dichter an die Strandlinie schieben und Schutz vor dem eindringenden Meer fordern?
Beate Ratter ist Expertin für Klimaanpassung und berichtet:
„Vor 20 Jahren standen hier Mangobäume und es wurden Cassava, Papaya und andere Nahrungsmittel angebaut. Ein Süßwassersee diente in dieser Bucht als Viehtränke. Jetzt stehen Hotels entlang des gesamten Strands.
Die hölzernen Pfähle sind ein Schutz für die Hotelanlagen gegen das hereindrängende Meer – und Sandfallen. Wenn im Juni und Juli wieder starke Südostpassatwinde wehen, dann werden die Pfähle komplett unter Sand begraben und der Strand dreimal so breit sein. Doch von November bis April bringt der Nordwestmonsun viel Regen, der den Sand wieder abträgt. Eine immerwährende Sedimentdynamik, die man besser nicht unterbinden sollte. Aber die Hotel-Investoren drängen auf Wachstum, auch auf den Seychellen. Coastal Squeeze wird hier zunehmend zum Problem.“
Foto: Beate Ratter
Korallen sind extrem wichtige Wellenbrecher, Sandproduzenten und Habitat für vielfältige marine Flora. Der Klimawandel bedroht Korallen durch marine Hitzewellen und zunehmende Versauerung der Meere.
Beate Ratter ist Expertin für Klimaanpassung. Sie berichtet:
„Bei starken Stürmen können Korallen abbrechen. Aber auch Menschen beschädigen Korallen. Zum Beispiel wenn Bootsführer unvorsichtig den Anker werfen, Fischer ihre Netze einsetzen oder Touristen beim Schnorcheln auf Korallen treten.
Im Korallenschutzprogramm „Unlock the Sea“ der Gesellschaft für Meeresschutz auf den Seychellen (MCSS), sammeln Menschen abgebrochene Korallenstücke im Meer ein, setzen sie auf Zement und zieht sie in Tanks groß. Je nach Spezies werden sie anschließend bis zu 13 Monate in einen „Ozean-Kindergarten“ gebracht, bevor sie in ihren eigentlichen Lebensraum zum Wiederaufbau der Korallenriffe ausgesetzt werden.
Das Programm hat bereits gute Erfolge mit Korallen erzielt, die auch in höheren Temperaturen gedeihen. Das ist wichtig, denn nur mit einem schützenden, lebendigen Korallenriff werden die Wellen weniger Sand von den Stränden abtragen, wird sich die Erosion verringern und Überschwemmungen reduziert werden. Schon heute ist die Straße zum Flughafen bei bestimmten Wetterverhältnissen nicht mehr befahrbar.“
Foto: Beate Ratter
Jedes Kind kann einen Garten bestellen – denn auf den Seychellen sind alle Schulen Öko-Schulen. Die Beau Vallon Primary School zum Beispiel hat den Eco-School Award 2024 gewonnen.
Beate Ratter ist Expertin für Klimaanpassung. Sie berichtet:
„Heute habe ich die Öko-Schule besucht und die Schulkinder beobachtet, wie sie Pflanzen gießen, Tiere füttern und Wege kehren. Eco-Schulen sind etwas Großartiges, sie haben im letzten Jahr ihr 30-jähriges Bestehen gefeiert.Alle Schulen des Landes sind inzwischen Öko-Schulen, von der Grundschule bis zur Sekundarstufe gemeinsam an Garten- und Outdoor-Aktivitäten teilnehmen – auf freiwilliger Basis
Nach dem Unterricht erfahren die Kinder etwas über einheimische Pflanzen und bauen gemeinsam Maniok, Bananen, Brotfrucht, Avocado oder Salat an, die anschließend verkauft werden, um Geld für weitere Aktivitäten zu sammeln. Durch diese Initiative lernen sie nicht nur traditionelle kulturelle Praktiken kennen, sondern entwickeln auch ein Gefühl von Verantwortung – sowohl für die in der Schule lebenden Riesenschildkröten und Hühner als auch für ihre Mitschüler.
Steven Constance, der Leiter der Öko-Schule von Beau Vallon, beschreibt dies sehr treffend: „Es ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Nachhaltigkeit“.
Foto: Beate Ratter
An flachen Küsten ist eindringendes Meerwasser eine ständige Bedrohung. Resilienz bedeutet hier, damit umgehen zu können, den Stressoren etwas entgegen zu setzen und das System nach einer Katastrophe wieder funktionsfähig zu machen.
Beate Ratter erforscht die Resilienz der Gesellschaft auf den Seychellen. Sie berichtet:
„Traditionell sind die Häuser hier auf Stelzen gebaut, typisch für die Architektur vieler tropischer Inselgesellschaften, um sich an den Küsten gegen das Meer zu wappnen. Aufgrund der raschen Modernisierung der letzten Jahrzehnte werden die Häuser heute jedoch nicht mehr aus Holz und auf Stelzen gebaut. In der Hauptstadt Victoria gibt es sogar zahlreiche mehrstöckige Wohnhäuser, die an „Plattenbauten“ erinnern.
Die sozialistische Regierung der Seychelles People's Progressive Front (SPPF) regierte von 1979 bis 1991 und prägte das Stadtbild und die Gesellschaft. Sie führte freien Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ein und initiierte zahlreiche Natur- und Umweltschutzprogramme.
Offenbar hat sich so eine Kultur entwickelt, die dem Staat immer mehr Verantwortung überträgt. Die Regierung sorgt dafür, dass der Müll abgeholt wird, Strom und Wasser geliefert, die Küsten geschützt und Naturschutzprojekte durchgeführt werden. Internationales Geld fließt als Entwicklungshilfe oder Klimaanpassungshilfe ins Land. Insgesamt gute Maßnahmen, die jedoch einige der traditionellen Praktiken und Einzelinitiativen zur Verbesserung der Resilienz verdrängt haben.
Die Seychellen sind inzwischen nach Wirtschaftszahlen das am weitesten entwickelte Land in Afrika. Die Zahl der laufenden Projekte im Land ist atemberaubend. Gleichzeitig werden die Seychellois Zeugen eines Korruptionsskandals nach dem anderen, bei dem sich die politische Elite an zweifelhaften Geschäften bereichert. In der Bevölkerung herrscht Politikverdrossenheit. Von den Wahlen im September erwarten die Menschen wenig. Ich habe oft gehört: Egal, wer gewinnt, es wird sich sowieso nichts ändern.“