and Society (CLICCS)
Forschungsprojekt CDRterraKlimaneutral bis 2045? Nur mit massivem CO₂-Entzug
9. Dezember 2025, von CDRterra/Thomas Merten

Foto: Thomas Wasilewski/Climeworks
Bis 2045 soll Deutschland laut treibhausgasneutral werden. Dafür reicht es nicht, Emissionen massiv zu senken: Es muss auch ein bedeutender Anteil an CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden. Über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter Forschende des Earth and Society Research Hub (ESRAH) und des Exzellenzclusters Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) der Universität Hamburg verschiedene CO₂-Entnahmemethoden (Carbon Dioxide Removal, kurz: CDR) untersucht – von biologischen bis zu (geo-)chemischen Verfahren. Das Großprojekt namens CDRTerra wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert und von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München koordiniert.
CO₂-Entnahme im großen Stil möglich
Die Forschenden entwerfen ein Szenario mit ehrgeizigen Maßnahmen, in dem ab 2045 bis zu 80 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr – vergleichbar etwa mit dem Jahresausstoß von Österreich – durch verschiedene CDR-Verfahren gebunden werden könnten, würde man bestehende und neue Ansätze kombinieren.
Heute entzieht Deutschland der Atmosphäre dagegen nur einen Bruchteil davon. Selbst bei höchst ambitioniertem Klimaschutz werden ab 2045 immer noch 60 bis 130 Millionen Tonnen Restemissionen im Jahr bleiben, so Schätzungen. „Ohne ehrgeizige Emissionsminderungen und CO₂-Entnahme verfehlen wir unsere Klimaziele. Für den Hochlauf von CDR braucht es klare Regeln, den Ausbau neuer Methoden, den Schutz natürlicher Senken – und den Dialog mit der Gesellschaft“, sagt Julia Pongratz, CDRterra-Sprecherin und Professorin an der LMU.
Björn Maier/CDRterra
Verdopplung notwendig
Bewährte Verfahren wie Aufforstung und Agroforstwirtschaft oder Methoden des „Carbon Farmings” wie der Zwischenfruchtanbau lassen sich kurzfristig umsetzen und beschleunigen die CO₂-Speicherung. Modellierungen zeigen, dass großflächige Aufforstungen den Klimawandel messbar bremsen können. Doch für eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad muss die heutige weltweite CO₂-Entnahme bis 2050 mindestens verdoppelt werden. In Deutschland verschärft sich dadurch der Wettbewerb um Flächen erheblich. Hinzu kommen rechtliche und strukturelle Hürden: So ist die Umwandlung von Grünland in Wald vielerorts untersagt, und Landwirtinnen und Landwirten fehlt oft das Know-how oder die langfristige Planungssicherheit.
Innovative Verfahren mit Potenzial
Um das Portfolio zu erweitern, haben die Forschenden auch neue Verfahren entwickelt. Potenzial sehen sie etwa in der künstlichen Photosynthese, die CO₂ mithilfe von Solarenergie in Kohlenstoffflocken umwandelt – effizienter als natürliche Prozesse. Vielversprechend sind auch neuartige Baustoffe auf Basis von Gabbro, Pflanzenkohle und biobasierten Kohlenstofffasern, die CO₂ speichern. Diese Optionen brauchen jedoch noch Entwicklungszeit.
Gesellschaft und Infrastruktur als Schlüssel
CO₂-Entnahme ist auch eine technische Herausforderung, bei der die Infrastruktur für Transport und Speicherung gut geplant werden muss. „Darüber hinaus ist sie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Landwirtinnen und Landwirte, Industrie, Kommunen und Bürgerinnen und Bürger müssen von Anfang an beteiligt werden – nur so entstehen Akzeptanz und Vertrauen, die für die Umsetzung entscheidend sind“, erklärt LMU-Geograph Felix Havermann, wissenschaftlicher Koordinator bei CDRterra.
Das Fazit von CDRterra ist eindeutig: Um Treibhausgasneutralität zu erreichen, müssen Landnutzung und Landwirtschaft grundlegend reformiert, geeignete Infrastrukturen aufgebaut und die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden – im engen Dialog mit der Gesellschaft. So können auch vielfältige ökologische und gesellschaftliche Vorteile genutzt werden. Der Verbund appelliert: „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren – die nächsten Jahre sind entscheidend.“
Über das Projekt
Detaillierte Forschungsergebnisse aus den zehn Verbundprojekten finden sich im CDRterra-Synthesefactsheet „Potenziale und Risiken der landbasierten CO₂-Entnahme in Deutschland – was wir jetzt wissen und was zu tun ist“.
Einen Überblick über zentrale Ergebnisse und Handlungsempfehlungen bietet ein Factsheet.
Hier geht es zum Download.

