and Society (CLICCS)
Was heißt hier plausibel?
16. März 2021, von Ute Kreis

Foto: F. Busch/unsplash
Welche Klimazukünfte sind möglich und welche plausibel? – zu dieser Frage wird im Mai erstmals der „Hamburg Climate Futures Outlook” Stellung nehmen, ein wissenschaftlicher Report des Clusters. Wir fragen nach bei Prof. Anita Engels, Sozialwissenschaftlerin an der Universität Hamburg, und Prof. Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Beide sind im Sprecherteam.
Worum geht es im Report? Darum, was realistisch ist oder politisch machbar?
Anita Engels: „Realistisch“ übersetzt es wohl am besten. Wir prüfen, was begründete Aussicht hat, Realität zu werden – und analysieren zum Beispiel politische Prozesse, Unternehmensstrategien, Konsumverhalten, aber auch Finanzströme und rechtliche Rahmenbedingungen.
Jochem Marotzke: Für uns in den Naturwissenschaften stehen die verschiedenen Emissionspfade zunächst gleichberechtigt nebeneinander – wir untersuchen dann, welche Auswirkungen jeder Pfad auf das Klima hat. Blicken wir aber auf die Gesellschaft um uns herum, ist das „gleichberechtigt Nebeneinanderstehen“ wohl nicht der Fall.
Nicht alles, was möglich ist, wird auch so kommen. Woran machen Sie das fest?

Marotzke: Tatsächlich gibt es Fakten, die einer Entwicklung zu einer klimaneutralen Gesellschaft entgegenstehen oder diese verzögern. Etwa neue Kohlekraftwerke, die normalerweise auf jahrzehntelangen Betrieb ausgelegt sind – mit allen Emissionen, die sich daraus ergeben.
Engels: Welche Entwicklung die Gesellschaft nimmt, bleibt dennoch extrem schwer abzusehen. Zwar lassen sich Trends erkennen, doch die Geschichte zeigt, dass es immer wieder Ereignisse gibt, die plötzlich alles ändern. Etwa der Fall der Berliner Mauer. Vielleicht lag das im Nachhinein in der Luft. Dass es aber wirklich genau so kam, ließ sich nicht vorhersagen.
Dennoch wagen Sie eine Prognose?
Engels: Im „Hamburg Climate Futures Outlook“ identifizieren wir so genannte gesellschaftliche Treiber, analysieren Zwänge, Widerstände, aber auch Möglichkeiten oder gute Gelegenheiten für einen Wandel. Wichtige Hinweise und Argumente, für die wir einen systematischen Bewertungsrahmen entwickelt haben. Dabei stützen wir uns auf eigene aber auch auf aktuelle internationale Erkenntnisse.
Wer soll den Report lesen?
Engels: Geschrieben ist der Report zunächst für die Scientific Community. Wir stellen den aktuellen Stand der Wissenschaft dar und betreten gleichzeitig auch ein Stück weit wissenschaftliches Neuland.
Marotzke: Gleichzeitig gibt der „Hamburg Climate Futures Outlook“ schon jetzt Hinweise für Entscheidungsträger. Möglicherweise sind größere Anstrengungen notwendig, als viele heute denken. Andererseits eröffnen sich vielleicht Gelegenheiten, die für einen Wandel genutzt werden können. Denken Sie nur an die Corona Krise. Auch das ist Thema im Report.
CLICCS Quarterly
Das Interview wurde im CLICCS Quarterly veröffentlicht, dem Newsmagazin des Exellenzclusters. Die ganze Ausgabe finden Sie -> hier.