and Society (CLICCS)
Klimawandel: Wie gut sind Menschen weltweit vorbereitet?
4. November 2021, von University of Michigan; CLICCS

Foto: Y. Marion via Unsplash
Die Gesellschaft erlebt immer häufiger schwerwiegenden Naturkatastrophen und Umweltbelastungen und macht gleichzeitig kaum Fortschritte bei der Verringerung der Emissionen. Deshalb muss sie sich an den Klimawandel anpassen. Doch welche Maßnahmen werden weltweit ergriffen – und wie erfolgreich sind diese Bemühungen?
Ein Netzwerk von 126 Forschern hat die bisher erste systematische und umfassende Bewertung von gesellschaftlichen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel vorgenommen. Dr. Jan Petzold und Tom Hawxwell vom Exzellenzcluster CLICCS der Universität Hamburg waren beteiligt. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Climate Change online veröffentlicht. Sie zeigt, dass Anpassungsmaßnahmen meist fragmentarisch und schrittweise erfolgten – und in erster Linie durch Einzelpersonen und Haushalte und nicht durch koordinierte Anstrengungen von Gemeinschaften und Institutionen.
Die Hauptautorin Lea Berrang Ford, Professorin am Priestley International Centre for Climate der Universität Leeds, sagt: „Unsere Ergebnisse sind ein Warnsignal: Wir haben nur wenige Belege für eine verbreitete und schnelle Bereitschaft gefunden. Der Umfang reicht unserer Meinung nach nicht aus, um schwerwiegende Klimafolgen aufzufangen.“
Es war eine umfassende Gemeinschaftsarbeit des Teams. Zunächst wurde eine Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Literatur von 2013 bis 2020 zu Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel gemacht. Dafür sichteten die Forschenden mehr als 48 000 Fachartikel. Mit Methoden der systematischen Literaturrecherche wurden anschließend 1.682 relevante Artikel analysiert.
Dr. Jan Petzold von CLICCS hat sich hierbei auf kleine Inseln und Europa fokussiert. „Die Studien sind ganz unterschiedlich in ihren Methoden und Fragestellungen – eine bemerkenswerte Vielfalt“, sagt Geograph Petzold. „Dies macht es jedoch auch schwieriger für uns, den Fortschritt und den Erfolg der Maßnahmen systematisch zu bewerten.“ In vielen Fällen wurden auch die negativen Nebenwirkungen der Maßnahmen erwähnt, zum Beispiel für Ökosysteme oder die lokale Bevölkerung. „Das ist ein wichtiger Punkt, den wir systematisch untersuchen müssen,“ so Petzold.
Die Studie zeigt, dass Anpassungen im Verhalten von Einzelpersonen und Haushalten am stärksten verbreitet sind, vor allem als Reaktion auf Dürren und Niederschlagsschwankungen. Lokale Behörden und die Zivilgesellschaft engagieren sich in der Risikominderung quer durch alle Bereiche und Regionen, besonders als Reaktion auf Überschwemmungen. Anpassungen an ein Hochwasserrisiko in der Infrastruktur und durch technischen Maßnahmen in Städten gibt es hauptsächlich in Europa. In Asien und Afrika wird vor allem die landwirtschaftliche Praxis verändert.
Obwohl die Zahl der Anpassungsmaßnahmen steigt, stellt Katastrophenforscherin und Co-Autorin A.R. Siders von der Universität Delaware fest, dass es nur wenige Belege dafür gibt, dass derzeitige Maßnahmen das Risiko tatsächlich verringern. „Der Gedanke, dass Menschen, Gemeinden und Nationen für eine Vielzahl von Gefahren und in vielen Bereichen Maßnahmen ergreifen, ist ermutigend", so Siders. „Gleichzeitig war ich überrascht, dass die Anpassung nur schrittweise ist.“ Es wurde nicht untersucht, ob die derzeitigen Maßnahmen ausreichen, um die Folgen des Klimawandels abzufedern. Doch die kleinen Schritte gäben, laut Siders, Anlass zur Besorgnis. Diese Wissenslücke hätte jedoch schon zu weiteren Forschungsprojekten angeregt.
Gesammelt werden die Analysen der Fachartikel zu den unterschiedlichen globalen Anpassungsmaßnahmen in der Datenbank GAMI, kurz für Global Adaptation Mapping Initiative. Die Initiative für GAMI ging von mehreren IPCC-Autor:innen unter Leitung von Lea Berrang-Ford aus. Die wissenschaftliche Fachliteratur zur Klimawandelanpassung ist wenig übersichtlich und sehr unterschiedlich, so dass eine Bewertung des aktuellen Stands der Forschung schwierig für den IPCC war. Die Datenbank GAMI bietet jetzt die erste systematische Übersicht über die Ergebnisse zur Klimawandel-Anpassung weltweit und ermöglicht weitere systematische Übersichtsarbeiten.
Zugehöriger Fachartikel
Berrang-Ford L, Siders AR, Lesnikowski A et al. (2021): A systematic global stocktake of evidence on human adaptation to climate change; Nat. Clim. Chang. 11, 989–1000
GAMI – Global Adaptation Initiative