and Society (CLICCS)
Kippende Systeme
24. März 2022, von Stephanie Janssen

Foto: Enoch Lai/Wikipedia(CC-BY-SA-3.0)
Kipppunkte sind nicht nur im physikalischen Klimasystem möglich. Auch in Gesellschaften kann es zu massiven, abrupten und irreversiblen Umbrüchen kommen, etwa wenn die Unzufriedenheit vieler Menschen zu Revolutionen führt oder in Gewaltspiralen eskaliert.
Wie Klimawandel und Gesellschaft sich gegenseitig beeinflussen ist noch wenig verstanden. In Computermodellen werden beide Systeme meist getrennt dargestellt. Prof. Jürgen Scheffran plädiert für integrierte Modelle, um die komplexen Wechselwirkungen in plausiblen Zukunftsszenarien zusammenzuführen. Klimabedingte Ereignisse können gesellschaftliche Kipppunkte anstoßen, die sich durch Kaskadeneffekte und Fernwirkungen ausbreiten.
Ein Beispiel sind Wetterextreme, die zu Ernteeinbußen, weltweit steigenden Getreidepreisen und sozialen Unruhen führen. Wie beim Dominoeffekt wurden im Arabischen Frühling Regierungen gestürzt, Bürgerkriege in Syrien und Jemen ausgelöst und Flüchtlingsbewegungen angestoßen, die bis nach Europa reichten. Am Tschadsee verbinden sich Perspektivlosigkeit, Ernährungs- und Wasserprobleme mit religiöser Gewalt und Vertreibung.
Möglich sind aber auch positive Kipppunkte, etwa wenn Proteste gegen die Klimakrise eine nachhaltige Energiewende antreiben. Integrierte Modelle helfen, die Bedingungen für negative und positive Kipppunkte zu erkennen.
CLICCS Quarterly
Der Artikel wurde im CLICCS Quarterly veröffentlicht, dem Newsmagazin des Exellenzclusters. Die komplette Ausgabe finden Sie -> hier.
Zum Forschungsartikel: https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/ac42fd