and Society (CLICCS)
Prof. Anita Engels über unseren Einfluss auf den KlimaschutzWarum Fakten nicht automatisch zum Handeln führen
26. Juli 2022, von Franziska Neigenfind
Foto: CLICCS/Universität Hamburg
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Erderwärmung münden nur unzureichend in Gegenmaßnahmen. Was hindert Politik und Gesellschaft daran, entsprechende Konsequenzen zu ziehen? Im Podcast erklärt CLICCS Sprecherin Prof. Anita Engels, welche Akteure beim Klimaschutz eine Rolle spielen, woran die Umsetzung häufig scheitert und wie wir uns konkret einsetzen und mehr Klimaschutz einfordern können.
Engels erläutert, warum die Klimaziele des Pariser Abkommens technisch-ökonomisch durchaus zu erreichen sind, der gesellschaftliche Wandel aber nicht zügig und ehrgeizig genug ausfällt. Eine vollständige Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050 erscheint aktuell nicht plausibel. Dies ist das zentrale Ergebnis des Hamburg Climate Futures Outlook, in dem Engels mit Kolleginnen und Kollegen die gesellschaftlichen Prozesse in einer Gesamtschau untersucht hat: In welche Richtung steuert die Politik? Welchen Einfluss haben Protestbewegungen und wie verhalten sich Konsument:innen? Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, und wie stellen sich Wirtschaftsunternehmen weltweit auf?
Einiges deutet in die richtige Richtung, doch insgesamt fällt die Bilanz ernüchternd aus. Insbesondere Wirtschaftsunternehmen hinken beim Klimaschutz hinterher. Im rechtlichen Bereich ist dagegen einiges in Bewegung geraten – zum Beispiel mit der Möglichkeit, Klimaschutz einzuklagen oder Zivilklagen gegen Unternehmen anzustrengen, die gegen Auflagen verstoßen. Ein bedeutender Hebel ist auch das sogenannte Fossil Fuel Divestment: Das heißt, Geld aus dem fossilen Bereich herauszuziehen und anders anzulegen. Die langfristigen Investitionen in Öl, Gas und Kohle lohnen sich dann nicht mehr. Klar ist: Ohne öffentlichen Druck geht es nicht – und es braucht noch mehr davon! Wir können auf verschiedenen Wegen mitbestestimmen, unseren Einfluss beim Einkaufen, Geldanlegen, Reisen und in vielen anderen Bereichen nutzen und Signale setzen, damit die richtigen Weichen gestellt werden.
Mehr in: 17Ziele – Der Podcast (Episode mit Anita Engels: Warum Fakten nicht automatisch zum Handeln führen. Und was es braucht, vom Liken zum Tun)
Hintergrund
Anita Engels beschäftigt sich als Soziologin mit der gesellschaftlichen Verursachung der Erderwärmung und mit gesellschaftlichen Ansätzen zum Klimaschutz. Sie untersucht unterschiedliche Akteure und ihre Reaktionsweisen auf den Klimawandel: große Konzerne, zivilgesellschaftliche Organisationen, kommunale Verwaltungen und nationale Regierungen. Diese Akteure haben sehr unterschiedliche Motivationen und Einflussmöglichkeiten. Aus dem jeweiligen Zusammenspiel all dieser Akteure kann abgeleitet werden, ob und wie der Klimaschutz gelingen kann.
Bereits 1979 fand die erste Weltklimakonferenz statt. Initiiert von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit Sorge auf den Klimawandel blickten. Ein Jahr später wurde das Welt-Klima-Forschungsprogramm gegründet, unter anderem mit dem Ziel, Klimaveränderungen vorherzusagen und den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel zu bestimmen. In den Folgejahren riefen Forscherinnen und Forscher immer wieder zum Handeln auf, richteten sich an Politik und Medien, wo das Thema im Laufe der Jahre durchaus Beachtung fand. Allerdings mündeten die wissenschaftlichen Erkenntnisse nur ungenügend in konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz. Auch in anderen Forschungsbereichen ist dies zu beobachten.