and Society (CLICCS)
Landverlust durch Klimagefahren in Alaska„Diese Studie ist ein Weckruf“
4. Dezember 2024, von Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI)
Foto: Benjamin M. Jones, Institute of Northern Engineering, University of Alaska Fairbanks
Die Kombination aus Meereesspiegelanstieg, dem Absinken des tauenden Permafrostbodens und Erosion könnten zu beispiellosem Landverlust in den arktischen Küstenregionen führen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie.
Während 75 Jahre Luft- und Satellitenbeobachtungen gezeigt haben, dass die Küstenerosion eine zunehmende Gefahr in der Arktis darstellt, wurden andere Gefahren – insbesondere die Kombination dieser Klimawandelfolgen – bisher weniger beachtet. Dies hat eine Bewertung der Auswirkungen dieser Prozesse im Vergleich zur Küstenerosion allein und in Kombination mit ihr verhindert.
Eine neue Studie von Forschenden der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI), des Exzellenzclusters „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS) der Universität Hamburg, des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und weiterer Institute konzentriert sich auf die arktische Küstenebene in Alaska. Die Arctic Coastal Plain (ACP) ist eine mehr als 60.000 Quadratkilometer große, tief gelegene und von eisreichem Permafrost geprägte Landschaft, die zu den am meisten von Meeresspiegelanstieg und Küstenerosion betroffenen Regionen in der Arktis gehört. Die Studie erschien nun in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences.
„Unsere Ergebnisse verdeutlichen die Risiken, die sich aus der Kombination von Klimagefahren für die Küstengemeinden ergeben, und unterstreichen die Notwendigkeit einer Anpassung für die arktischen Gemeinden in den Zonen des Landverlustes im 21. Jahrhundert“, heißt es in der Studie. „Kombinierte Klimafolgen beschleunigen den Wandel an den Küsten“, sagt der Hauptautor der Studie, Roger Creel, ein Postdoktorand in der Abteilung für Physikalische Ozeanographie des WHOI. „Es gibt diese nichtlineare Beschleunigung der Auswirkungen auf die Küsten, die wir an Orten wie Nordalaska erwarten sollten.“
„Die kombinierten Auswirkungen von Erosion, Meeresspiegelanstieg und Bodensenkung werden nicht nur die Landschaft Alaskas umgestalten, auch die Meeresumwelt wird sich dramatisch verändern“, sagt Mitautor David Nielsen, Postdoktorand am Exzellenzcluster „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS) an der Universität Hamburg. „Wir schätzten, dass diese Kombination von Prozessen acht- bis elfmal mehr Kohlenstoff vom Land in die Gewässer mobilisieren könnte, als dies durch die Küstenerosion allein zu erwarten wäre. Das Ausmaß dieser kombinierten Auswirkungen auf die Küstenökosysteme bleibt ungewiss.“
„Die Ergebnisse dieser Studie zeigen eine noch nie dagewesene Veränderung der arktischen Küsten Alaskas. Bis zum Jahr 2100 wird das Zusammenspiel dieser Klimawandelfolgen die Küstenlinie des North Slope wahrscheinlich ins Landesinnere verlagern, wie es seit der letzten Zwischeneiszeit vor über 100.000 Jahren nicht mehr der Fall war“, sagt der Mitautor der Studie, Benjamin Jones, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute of Northern Engineering an der University of Alaska Fairbanks. „Diese Ergebnisse stellen einen Paradigmenwechsel in der Arktis des 21. Jahrhunderts dar und unterstreichen die dringende Notwendigkeit von Anpassungsstrategien, um gefährdete Gemeinden und Infrastrukturen angesichts dieser kumulativen Klimagefahren zu schützen.“
Die Studie nutzte 5-Meter-Topographie, satellitengestützte Schätzungen der Tiefe von Küstenseen und empirische Abschätzungen der Landabsenkung aufgrund des Auftauens von Permafrostböden, zusammen mit Projektionen der Küstenerosion und des Meeresspiegelanstiegs für mittlere und hohe Emissionsszenarien aus dem 6. Weltklimabericht.
„Diese Forschungsarbeit unterstreicht den Wert einer disziplinübergreifenden Zusammenarbeit, um robustere Projektionen für die Entwicklung der arktischen Küsten im kommenden Jahrhundert zu erstellen“, sagt Mitautorin Julia Guimond, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für angewandte Ozeanphysik und Ingenieurwesen des WHOI. „Unsere Arbeit zeigt, dass bis zum Jahr 2100 der gesamte Landverlust die Erosionsverluste um das bis zu Achtfache übersteigen wird. Wir konzentrieren uns hier auf die Prozesse, die die arktische Küstenebene Alaskas betreffen, aber eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich die Auswirkungen mehrerer Gefahren summieren, und das gilt für die Planung der Widerstandsfähigkeit von Küsten auf der ganzen Welt.“
„Entlang der eisreichen Permafrostküsten sinkt die Landoberfläche schneller als der Meeresspiegel steigt. In den kommenden Jahrzehnten wird das Absinken des Permafrostbodens die Küstenlinie weiter ins Landesinnere verlagern als die Küstenerosion oder der Anstieg des Meeresspiegels es allein verursachen würden. Dieses Absinken wird langfristig die Veränderungen an den arktischen Küsten bestimmen“, sagt Mitautor Paul Overduin, leitender Wissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut in Potsdam.
Roger Creel sagt, dass die Menschen mit den Folgen des absinkenden Permafrostbodens Norden Alaskas vertraut sind. Er fügt jedoch hinzu, dass Behörden in den USA viele ihrer Ressourcen auf der Grundlage veröffentlichter Forschungsliteratur zuweisen. „Diese Stellen, die über eine Menge Ressourcen verfügen, haben dem Absinken des Permafrostbodens als Ursache für die Veränderung der Küsten nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Diese neue Studie ist ein Weckruf.“
Eine arktische Küstenlinie, die von Überschwemmungen beherrscht wird, werde neue Herausforderungen für die Gemeinden mit sich bringen, deren Heimat – einschließlich der Infrastruktur, der Jagdgebiete, der Zugangswege für Subsistenzwirtschaft, der Kulturerbestätten, der Landschaften und des Bodens selbst – verschwände, heißt es in der Studie. „Künftige Forschungen über die Entwicklung der arktischen Küsten sollten sich an den Bedürfnissen dieser Gemeinden orientieren, die Unterstützung benötigen, um auf den hier projizierten Paradigmenwechsel im arktischen Küstenwandel des 21. Jahrhunderts zu reagieren.“
Weitere Informationen
Publikation
Creel R, Guimond J, Jones B, Nielsen D, Bristol E, Tweedie C, Overduin P (2024): Permafrost thaw subsidence, sea-level rise, and erosion are transforming Alaska’s Arctic coastal zone. Proceedings of the National Academy of Sciences, DOI: 10.1073/pnas.2409411121
Fotos und Videos (bitte bei Verwendung WHOI als Credit angeben)
Kontakt
Dr. David Nielsen
Universität Hamburg
Exzellenzcluster "Climate, Climatic Change, and Society" (CLICCS)
Max-Planck-Institut für Meteorology
E-Mail: david.nielsen@uni-hamburg.de