The Little Shrimps are Running Out of Space
Die Nordseekrabbe ist ein emblematisches Lebensmittel, weil sie eng mit Krabbenkuttern, Fischerfamilien, regionalen Traditionen und bestimmten Küstenorten verbunden ist. Diese kleinen Meeresbewohner lassen sich als Lebewesen begreifen, die von sozialen Praktiken, politischen Diskursen, regulatorischen Bemühungen, kulturellen Geschichten, wirtschaftlichen Entwicklungen, Globalisierungsprozessen - wie dem Schälen in Marokko - und dem Klimawandel durchdrungen sind.
Dies war der Ausgangspunkt für das Projekt von Daniele Alef Grillo, Künstler und Filmemacher, und Martin Döring, Forscher zum Thema Klimawandelanpassung. Das künstlerische Projekt zielt darauf ab, die verschiedenen Arten von „Krabbenexistenzen“ sichtbarer zu machen. Es lässt Fischer und ihre Beute miteinander verschmelzen und spiegelt ihre verflochtene sozio-ökologische und durch das Klima geprägte Welt durch eine Zweikanal-Videoinstallation wider.
Martin und Alef begannen mit einer gemeinsamen Analyse relevanter Zitate aus Interviewstudien, die in den letzten Jahren im Rahmen von CLiCCS durchgeführt wurden. Die Interviews befassen sich mit verschiedenen thematischen Kategorien, wie zum Beispiel: Familiengeschichte, Selbstbild der Fischer, den Wandel in der Fischerei aus der Sicht der Fischer, die Zukunft der Fischerei und der Fischer sowie dem Klimawandel aus der Sicht der Fischer. Aus den vielen Stimmen der Fischer extrapolierte Alef eine „Super-Aussage“, die die verschiedenen Perspektiven zu einer Art kollektivem verbalen Porträt zusammenfasst.
„Wir haben wirklich etwas Schönes auf die Beine gestellt, bei dem wir uns treffen und wirklich zusammenarbeiten, und es ist nicht so sehr etwas wie Wissensaustausch. Es ist wirklich etwas, bei dem wir versuchen, gemeinsam etwas herauszukitzeln.“ – Dr. Martin Döring
Alef und Martin nutzen Fotos und einen Film als Werkzeuge zur visuellen Darstellung der verschiedenen Lebenswelten von Krabben als Tier, Krabben und Fischer und Krabben als Nahrungsmittel. Auf einem Monitor der Installation erhält man einen Einblick in die soziokulturellen Dimensionen und Räumlichkeiten der Krabben. Eine durch KI generierte weibliche Figur interpretiert die kollektive Stimme, um gezielt die Abstraktion von dieser überwiegend männlichen Welt hervorzuheben. Auf dem zweiten Monitor bereitet ein Koch Schritt für Schritt ein „Krabbenbrötchen“ zu. Das sogenannte „Krabbenbrötchen“ ist typisch für die kulinarische Kultur der Nordsee. Zwischen den beiden Videos wird ein stiller Dialog ausgelöst, der das Publikum einlädt, die Berührungspunkte zwischen den beiden Erzählungen zu finden.
„Die Kunst bringt eine neue Dimension in das Leben der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Fakten ein.“ – Dr. Martin Döring
Die Geschichten bieten unterschiedliche Perspektiven auf die scheinbar gleiche Sache. Wie sich zeigt, ist eine Krabbe nicht nur eine Krabbe, sondern ein vielschichtiges Wesen, das auf verschiedene Weise durchdrungen und geformt ist und derzeit vom Klimawandel betroffen ist. Sie haben ihren Platz in der Gesellschaft, während ihnen in der Natur aufgrund des Klimawandels der Raum ausgeht.
„Kunst und Wissenschaft untersuchen beide das menschliche Bewusstsein und unser Sein in der Welt. Aber mit unterschiedlichen Methoden.“ – Daniele Alef Grillo