Trumpfkarte im Kohleausstieg: CO2-Zertifikate löschen
Im Jahr 2050 will die EU klimaneutral sein. Dabei helfen soll vor allem der Emissionshandel: Er begrenzt die CO2-Emissionen von Unternehmen wie Kohlekraft- oder Stahlwerken. Um zu emittieren, müssen sie Zertifikate kaufen. Wer weniger CO2 in die Atmosphäre entlässt, spart also Geld. Die Gesamtmenge an neu ausgegebenen Zertifikaten sinkt jährlich und der Preis steigt. Außerdem soll der Kohleausstieg Deutschland in die Klimaneutralität führen. Wie diese Maßnahmen nun im Zusammenspiel wirken und wie Politik und Bevölkerung darüber nachdenken und entscheiden, untersuchen Hamburger Forschende zusammen mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Denn der Teufel steckt im Detail. So erscheint es auf den ersten Blick logisch, dass nach Abschalten eines Kohlekraftwerks weniger CO2 in der Atmosphäre landet. Wenn aber die entsprechenden Zertifikate im Emissionshandel bleiben, dann kauft sie eben beispielsweise ein Stahlwerk – das CO2 kommt dann nur aus einem anderen Schornstein. Wer solche Wechselwirkungen verstanden hat, entscheidet sich eher für das Instrument, das besonders effektiv das Klima schützen kann: Zertifikate löschen, auch im Mix mit weniger Kohlekraft. Das haben die Forschenden in Umfragen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik sowie einer repräsentativen Haushaltsbefragung herausgefunden. Der Clou dabei: Die Teilnehmenden haben mit ihrer Entscheidung tatsächlich Emissionsrechte vernichtet und ein Kohlekraftwerk zeitweilig gedrosselt.
Die Erkenntnisse der Forschenden fließen direkt in Politik und Gesellschaft. So verpflichtet das Kohleausstiegsgesetz die Bundesregierung, Zertifikate aus dem EU-Emissionshandel in dem Umfang zu löschen, wie der Kohleausstieg die Emissionen verringert – die Berechnungen dafür basieren auch auf den Ergebnissen des Hamburger Projekts. Ebenso hilft das Wissen etwa Nichtregierungsorganisationen, die unter anderem im Auftrag von Bürgerinnen und Bürgern agieren, möglichst effektiv Zertifikate aus dem Verkehr zu ziehen.
Weitere Informationen
Projektpartner
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Öko-Institut Neon Neue Energieökonomik GmbH
Vivid Economics Ltd. ForTomorrow gGmbH
STEAG GmbH
Webseite des Projekts
www.cliccs.uni-hamburg.de/research/theme-b/b2.html
Veröffentlichungen
News: Klimaversprechen nicht einlösbar: Ein Luftschloss als Geschäftsmodell
News: Emissionshandel wird verschärft und ausgeweitet
Beyond control: Policy incoherence of the EU emissions trading system
Das Projekt wird seit 2019 im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder als Exzellenzcluster für Klimaforschung „CLICCS – Climate, Climatic Change, and Society“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Darüber hinaus erhielt es 300.000 Euro im Rahmen des ARIADNE-Projekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).